Text Anna Häuser Beitragsfoto Stefan Wildhirt
Montagmorgen um zehn Uhr herrscht bereits reges Treiben in der Küche der Bergiusschule in Frankfurt. Auf den Rezepten, die an den Fenstern mit Mainblick kleben, stehen Gerichte wie Seitanschnitzel „Wiener Art“ und Stroganoff sans Boeuf, am Herd an diesem Tag aber keine Schulklasse, sondern die Teilnehmenden des diesjährigen Jugendcamps vom VKD-Landesverband Hessen. Rund 20 Kochazubis aus dem zweiten und dritten Lehrjahr hatten sich zu der dreitägigen Veranstaltung Anfang Juli in Frankfurt am Main angemeldet. Den Auftakt machte Referent Detlev Ueter, der den angehenden Köch:innen zeigte, wie vielfältig die pflanzenbasierte Küche sein kann. Anschließend wurde es süß: Konditorweltmeister Bernd Seifert führte die Azubis in die Welt der Desserts und Tellerdekorationen ein. Danach ging es in den Feinkostmarkt FrischeParadies Frankfurt, wo eine Kostprobe von Austern und Garnelen auf dem Programm stand.
Am nächsten Tag jagte ein Highlight das nächste, so das spätere Feedback der Azubis. Christian Bieber von Friedr. Dick gab einen Workshop zur Material- und Messerkunde sowie dem Umgang mit Wetzstahl. Mit frisch geschärften Messern durften die Teilnehmenden dann in Kleingruppen insgesamt sechs Lämmer zerlegen und küchenfertig zuschneiden – eine Gelegenheit, die nicht viele Lehrlinge im Ausbildungsbetrieb erhalten. Auch der Workshop von Tanja Wagner zum Food-Foto-Styling kam bei den angehenden Köch:innen gut an. Die Profifotografin gab Tipps, um angerichtete Teller perfekt in Szene zu setzen.
Teamgeist am Herd und auf dem Platz
Location-Wechsel am Abend: Es ging auf die Sportanlage an der Babenhäuser Landstraße, wo VKD-Mitglied Markus Wolf, Fachpraxislehrer an der Bergiusschule, federführend den „Kulinarischen Bolzplatz“ organisiert hatte. Dass Deutschland nicht mehr Teil der Fußball-EM war, tat der Stimmung keinen Abbruch. Auf dem Fußballplatz standen sich an diesem Tag die Deutsche Fußballmannschaft der Spitzenköche, die Weinelf und die Zollamt-Allstars gegenüber, die von den Azubis des Jugendcamps und vier Spielern von Eintracht Frankfurt unterstützt wurden. Besonderes Highlight: Schiedsrichter Cherno Barry hatte den originalen EM-Ball der Partie Deutschland gegen Dänemark dabei, mit dem die Teams für einige Minuten spielen durften. Neben dem Sport stand an diesem Abend vor allem die Kulinarik im Vordergrund, nach dem Kicken wurde gemeinsam gekocht. „Die Aktion soll den Stellenwert von gutem Essen für Profisportler:innen in den Fokus rücken und kann unseren Nachwuchsköchinnen und -köchen als Stellenbörse dienen in einer Zeit, in der Privatköche immer gefragter werden“, sagt Markus Wolf. Unterstützt wurde der Landesverband Hessen auch neben dem Platz – sowohl mit Manpower als auch mit Lebensmitteln. Es gab Bratwürste, veganes Grillgut und verschiedene Salate. Auch die zerlegten Lämmer kamen auf den Grill. „Es freut uns sehr, dass die Spieler extra für unser Jugendcamp angereist sind und wir so viel Support erhalten haben“, sagt Landesverbandsvorsitzende Barbara Röder.
Fisch filetieren und Fazit ziehen
Der dritte und letzte Tag startete bei Fisch Franke in der Frankfurter Innenstadt. Nach einer ausführlichen Warenkunde lernten die Azubis zum Beispiel, wie sie an der Haut sehen können, wie lange ein Fisch schon auf Eis liegt. „Da konnten selbst wir noch was lernen“, sagt Barbara Röder mit Blick auf ihr Vorstands-Team und lacht. Anschließend durften die Teilnehmenden Dorade und Seezunge filetieren – und statteten der benachbarten Kleinmarkthalle einen Besuch ab. Zurück in der Küche der Bergiusschule kochten die Auszubildenden zusammen mit VKD-Mitglied und Laurentius-Juror Michael Schneider ein Prüfungsmenü nach. Eine willkommene Übung für diejenigen, die im nächsten Jahr ihre Abschlussprüfung absolvieren.
Nach drei erfolgreichen Camp-Tagen zieht der Landesverband ein positives Fazit. „Mit Blick auf die Ausbildungszahlen im Kochberuf ist es verständlich, dass auch die Teilnehmerzahlen im Jugendcamp leicht rückläufig sind. Wir freuen uns, dass die Veranstaltung dennoch jedes Jahr mit mindestens zehn Azubis gut angenommen wird“, sagt Barbara Röder. „Mein besonderer Dank gilt unserem Landesjugendwart Olaf Schönegge, der als Frankfurter in diesem Jahr die Hauptarbeit bei der Organisation geleistet hat. 2025 wollen wir das Camp gegebenenfalls um eine Nacht verlängern und ein Programm-Highlight am Abschlussabend ergänzen.“ Nächstes Jahr geht’s nach Osthessen, Gastgeber des „tourenden Camps“ wird der Verein der Köche 1921 Fulda e. V. sein.