Bergiusschule verabschiedet ihre Absolventinnen und Absolventen der Fachschule für Lebensmitteltechnik
Es ist angenehm schattig unter der großen Linde. Hier auf dem unteren Schulhof der Bergiusschule findet an diesem Samstagmorgen die Verabschiedung der Technikerinnen und Techniker statt. Frohe Gesichter, die gespannt zu Susanne Albert blicken. Die Schulleiterin begrüßt den Jahrgang der „Großen“, die Absolventinnen und Absolventen mit ihren Familien, Freunden und weiteren Angehörigen, und die „Kleinen“, die Studierenden im vierten Semester, die an diesem Tag ihre „Beförderungsbescheinigung“ für die nächsten vier erhalten werden.
Dr. Frank Krause zitiert Meister Yoda
Doch bevor es so weit ist, zitiert der stellvertretende Schulleiter zunächst Meister Yoda: „Wir – und damit sind hier die Fachschule und Lehrkräfte gemeint – sind, worüber Sie herauswachsen. Das ist die wahre Bürde aller Meister.“ Allerdings, so stellt er schnell klar, ist diese Aussage für die Fachschule für Lebensmitteltechnik nicht ganz zutreffend, denn: Die Studierenden kämen bereits als Expertinnen und Experten und brächten ein hohes Maß an beruflichem Können mit. „Lehrkräfte an der Fachschule begleiten, unterstützen, regen an und stehen als Diskussionspartner zur Verfügung“, beschreibt Frank Krause die Aufgaben der Unterrichtenden. Sie trügen keine Bürde an einem Tag wie dem heutigen, sondern würden von den Absolventinnen und Absolventen in ihrer Vielfalt beschenkt und bereichert. Also ändert Dr. Frank Krause seine Rede – beinahe spontan – und gibt der Klasse QM 2021 stattdessen fünf Punkte mit auf ihren Weg: etwas Rückblickendes, etwas Persönliches, etwas Ermutigendes, etwas Lobendes, Wertschätzendes und etwas für die Zukunft. Applaus erfüllt den unteren Schulhof.
Es löpt sich allens torecht
Auf Dr. Krause folgt Klassenlehrerin Sonja Steppich. „Dass ich hier ohne Zettel stehe, hindert mich nicht daran, so lange zu reden wie Herr Krause“, beginnt sie und erntet damit fröhliches Gelächter. Es ist offensichtlich: Den trockenen, norddeutschen Humor ihrer geschätzten Klassenlehrerin werden sie alle vermissen. Sonja Steppich erinnert an den Start der Klasse im Jahr 2021. Nicht ganz einfach sei das gewesen in Zeiten der Pandemie. Aber insbesondere die schnell gewachsene Gemeinschaft und das besondere Miteinander in der Klasse hätten alle gut durch die vier Jahre getragen, betont die Klassenlehrerin. „Wir werden euch alle sehr vermissen“, sagt Sonja Steppich und verspricht, bevor sie die Zeugnisse ausgibt: „Kommt samstags mal vorbei. Dann dürft ihr auch endlich mit uns im ‚Orbit‘ (Anmerkung der Autorin: Damit ist das Lehrerzimmer der Fachschule gemeint) frühstücken.“
Auf einen Absacker zu „Tante Conni“
Den beeindruckenden Zusammenhalt in der Klasse betont auch Angelika Gabryel. Wie empfindet die Jahrgangsbeste diesen besonderen Tag? „Einerseits fühle ich mich erleichtert, andererseits ist schon jetzt eine große Lücke da, und ich bin traurig, dass unsere Fachschulzeit nun zu Ende ist“, beschreibt die Dreißigjährige ihre Gefühle. „An einem Dienstag wurden wir eingeschult“, ergänzt Rhonda Vogler, „und ab dem Kennenlern-Bingo an unserem nächsten Unterrichtsabend zwei Tage später haben wir schon alle Pausen zusammen verbracht.“ Man habe sich gegenseitig unterstützt, motiviert, und nach dem Unterricht beim Absacker bei „Tante Conni“ in Alt-Sachsenhausen sei es bald nicht nur um Lebensmittelrecht, Verpackungstechnik und Qualitätsmanagement gegangen. „Da entwickelte sich auch ganz schnell ‚privater Deeptalk‘“, gibt die Bischoffsheimerin Vogler schmunzelnd zu.
Ein lang gehegter Wunsch geht in Erfüllung
Was er mit seinem Mehr an Freizeit nun so recht anfangen soll, fragt sich Lukas Ziffer an diesem sonnigen Samstag. Er war länger an der Bergiusschule als jeder andere: elf Jahre lang! Schon mit dreizehn habe er einen Tag an der Schule hospitiert, erinnert sich der Siebenundzwanzigjährige. Es folgten zwei Jahre an der Berufsfachschule, dann eine Ausbildung zum Fleischer und eine zum Koch. „Kurz vor Corona hat mir dann ein Freund erzählt, dass er sich jetzt für den Techniker angemeldet habe“, so Lukas Ziffer. Das habe ihn auf die Idee gebracht, noch mehr Zeit auf der Bergiusschule zu verbringen. „Meine Anmeldung zur Fachschule habe ich im Sekretariat bei Frau Schiedeck-Stalp abgegeben. Sie hat mich hier ‚von klein auf‘ begleitet und kennt mich am längsten“, sagt Lukas Ziffer bewegt. Ja, und irgendwann nach so vielen Jahren auf derselben Schule sei in ihm der Wunsch nach einem roten Schlüssel immer größer geworden, offenbart er. Ein roter Schlüssel öffnet an der Bergiusschule alle Türen. Daher haben nur die Mitglieder der Schulleitung einen solchen. Dass am heutigen Tag sein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gehen würde, daran hat er selbst nicht mehr geglaubt. Umso größer seine Überraschung, als sein Lehrer Sebastian Kochte mit einem großen Tablett über den Schulhof gelaufen kommt. Und da liegt er: ein riesiger roter Schlüssel mit eingraviertem „Ziffer“ darauf. Klassenlehrerin Sonja Steppich übernimmt es, diesen dem verdutzten Fachschulabsolventen zu überreichen. Mit dem Schlüssel wird Lukas Ziffer zwar keine Schultüren öffnen können, denn der Schlüssel ist eine Torte aus Sandmasse. Diese öffnet ihm allerdings die Herzen aller Anwesenden, die das köstliche Tortenwerk probieren dürfen. „Ich bin sprachlos“, sagt Lukas Ziffer und schickt auf diesem Wege ein großes Dankeschön an Hannah Finger aus der Klasse 10CO, die den Riesenschlüssel gestern mit Unterstützung ihres Lehrers Stefan Regenfuß gebacken hat.
Besser kann man es nicht machen!
Bevor die Feier weitergeht, ergreift – stellvertretend für seinen Jahrgang – Florian Sahm das Wort. Sie alle seien heute „ein bisschen stolz, ein bisschen müde, ziemlich erleichtert und vor allem: gemeinsam“. Als sie sich im August 2021 auf den Weg zur staatlich geprüften Technikerin und zum staatlich geprüften Techniker mit dem Schwerpunkt Qualitätsmanagement und Produktentwicklung gemacht hätten, sei ihnen nicht so ganz bewusst gewesen: „Was da auf uns zukommt“. Der gemeinsame Weg sei anstrengend, spannend, herausfordernd und unglaublich lehrreich gewesen, fasst Florian Sahm die vergangenen vier Jahre zusammen. „Wir danken Ihnen für Ihre Geduld, Ihr Engagement und manchmal auch für Ihre Nervenstärke“, endet der Techniker seine charmante Rede und überreicht gemeinsam mit Rhonda Vogler und Jasmin Wojt jeder Lehrkraft ein großes Präsentpaket, gefüllt mit allerlei Köstlichkeiten.
Liebe Technikerinnen und Techniker, wir gratulieren Ihnen herzlich – und verabschieden Sie mit den Worten von Frank Krause: „Bleiben Sie uns gewogen, besuchen Sie uns samstags und folgen Sie uns auf Instagram.“
Text & Fotos Sabine Stubbe