Als Konditorin einfach so ab ins Ausland?
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Das geht und ist super easy!

Leider wissen die wenigsten Auszubildenden von dieser Möglichkeit, denn das Erasmus-Programm verbinden die meisten Menschen mit dem Studium. Genau wie ich – das muss ich gestehen. Zum Glück aber hatte ich in meiner Berufsschule wirklich tolle Lehrkräfte, die für uns zu diesem Thema einen Infotag organisiert hatten. Zu dem Zeitpunkt stand für mich fest: Das will ich machen!

Die Planung war chaotisch und anfangs schwieriger als gedacht. Aber mit toller Beratung, etwas Mühe und den Erfahrungen, die ich während der Planung gesammelt habe, ging irgendwann alles ganz einfach. Ich entschied mich dafür, in dem Jahr nach meiner Gesellenprüfung drei verschiedene Konditoreien in drei verschiedenen Ländern zu besuchen. Darunter waren Island, Österreich und Portugal.

Ich habe mich für diese Länder entschieden, weil ich zuvor noch nie dort war und weil mich die verschiedenen landestypischen Patisserie- und Konditoreiprodukte gereizt haben.
Bei meiner Länderrecherche habe ich mich nämlich vor allem darauf konzentriert, welches Land die für mich interessantesten typischen Produkte hat. Ich finde es in diesem Berufsfeld sehr wichtig, sich in anderen Betrieben weiterzubilden, um neue Techniken, Produkte und Arbeitsweisen kennenzulernen. Deswegen haben mich das Erasmus-Programm und die Möglichkeit, verschiedene internationale Erfahrungen zu machen, so sehr gereizt.

In jedem der drei Praktikumsbetriebe, die ich besuchte, gab es natürlich auch verschiedene Arbeitsweisen. Dabei kommt es meiner Erfahrung nach aber nicht nur darauf an, dass man sich in einem anderen Land befindet, sondern vielmehr darauf, dass generell jeder Betrieb und jeder dort arbeitende Mensch seine eigenen Herangehensweisen hat.

Momentan befinde ich mich noch mitten in meinem Praktikum in Lissabon. Und obwohl ich mich auf jeder meiner Stationen zuvor an gewisse Dinge gewöhnen musste, muss ich sagen, dass mein Praktikum in Portugal bis jetzt die größte Herausforderung war.
Die Arbeit hier gefällt mir sehr gut und das liegt hauptsächlich an den super lieben und gelassenen Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten darf.

Seit ich mich dazu entschlossen habe, Konditorin zu werden, habe ich bereits in sechs verschiedenen Konditoreien arbeiten dürfen, und zu sehen, dass die Arbeit in einem stressigen Umfeld wie dem Gastronomieumfeld doch so entspannt und ganz ohne Stress ablaufen kann, macht mein Praktikum hier in Lissabon unter anderem so besonders.
Hier ist alles anders. Mit anderen Worten kann ich es nicht beschreiben. Es gibt Produkte, die ich zuvor noch nie gesehen habe, die Unternehmensstruktur ist eine ganz andere, die Herangehensweisen und Techniken unterscheiden sich von denen, die ich bereits kennengelernt habe, und ich habe das Privileg, in einer der ältesten und bekanntesten Patisserien Lissabons arbeiten zu dürfen.

Neben vielen Blätterteiggebäcken, selbstgemachtem Riesenbrot und tatsächlich auch Berlinern, ist die antike Patisserie bekannt für ihre ausgezeichneten Pasteis de Nata, von denen ich liebend gerne einige mit nach Hause nehmen würde. Es gibt aber auch Spezialitäten wie Nuss-, Schoko- und Orangentorten. Und wenn man nichts dagegen hat, dass hier alles ein wenig süßer ist, als wir es in Deutschland gewöhnt sind, schmeckt alles vorzüglich!

Hier in Portugal zu arbeiten ist aber tatsächlich auch eine sehr große Umstellung für mich gewesen. Zum einen spricht in der Backstube niemand Englisch und ich (noch) kein Portugiesisch, zum anderen ist die Einstellung zur Arbeit hier eine ganz andere als in Deutschland. Während es in Deutschland oft der Fall ist, dass man am besten so viel Arbeit wie möglich in einen Tag quetscht, geht es hier sehr entspannt zu. Das gefällt mir eigentlich sehr gut, ist aber natürlich eine riesige Umstellung, wenn man anderes gewohnt ist.

Auch die Backtechniken unterscheiden sich sehr. Nachdem ich bereits einen Monat in Lissabon arbeiten durfte, traue ich mich zu behaupten, dass die Backstuben in Deutschland sehr modern sind. Hier gibt es keine riesigen modernen Maschinen oder tausend verschiedene Arten von Werkzeugen und Hilfsmitteln. Hier wird auf einfache und eher altmodische Weise produziert. Das kommt mir manchmal etwas komisch vor und ich denke mir oft, dass es auch viel schneller und einfacher gehen könnte, hätte man das richtige Equipment. Aber das hier ist eben noch richtige Handarbeit.

Auch kulinarisch hat mich Portugal von meinen drei Stationen am meisten überrascht. Natürlich gibt es in Island auch einige verrückte Gerichte, die man vielleicht eher nicht probieren möchte (jeder hat doch schon mal etwas über den fermentierten Haifisch gehört). Trotzdem sind die Gebäcke und Patisserieprodukte sehr ähnlich zu dem, was wir aus Deutschland gewöhnt sind. In Lissabon hingegen gibt es eine kleinere Bandbreite an Patisserieprodukten. Dafür findet man dort Spezialitäten, die es sonst nirgends gibt. Oder hat schon mal jemand etwas von Mimos oder Toucinhogelesen?

Leider geht mein Erasmus-Abenteuer mit dem Aufenthalt in Portugal zu Ende. Aber so traurig ich das auch finde, kann ich sagen, dass mich diese Zeit sehr geprägt hat. Ich bin über mich selbst herausgewachsen, habe gelernt, mich an die verschiedensten Bedingungen, Menschen und Umfelder anzupassen und das Beste aus jeder Erfahrung für mich herauszuholen. Ich durfte viele tolle neue Dinge lernen und noch viel tollere neue Menschen kennenlernen, mit denen ich Freundschaften weltweit geschlossen habe.

Und natürlich hat mich das Ganze auch beruflich vorangebracht. Ich kenne jetzt viele neue Produkte aus verschiedenen Ländern, habe viele neue Rezepte und konnte einige Techniken lernen (aber auch lehren) und Kontakte in Patisserien aus drei Ländern.

Jedem Azubi, der darüber nachdenkt, ein Erasmus+-Praktikum zu machen, würde ich raten: Trau dich! Auch wenn die ganze Organisation erst einmal abschreckend wirkt – es lohnt sich wirklich mehr, als man vielleicht denkt. Man hat so viele Freiheiten und bekommt so viele Eindrücke. Dieses Jahr voller Erasmus-Abenteuer ist wirklich ein Privileg, für das ich sehr, sehr dankbar bin und das ich immer noch genieße!

Und damit: Bom Dia aus Lissabon!

 

Text & Fotos Meral Ayazoglu

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