Vor Selin liegt ein dickes Buch. „Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, liest sie daraus vor. „Danke, das was ihr da gerade gehört habt, ist der Paragraf 223 aus dem Strafgesetzbuch“, erklärt Heiko Kriewald. Er ist Jugendrichter und vermittelt den Schülerinnen und Schülern der beiden zehnten Klassen der Berufsfachschule (BFS) in der Aula Einblicke in seine Arbeit am Gießener Amtsgericht. In kürzester Zeit hat er die Aufmerksamkeit und das Interesse der Anwesenden gewonnen und verdeutlicht anschaulich, warum Gesetze und Rechtsprechung wichtig sind. „Stellt euch vor, jemand verpasst euch auf dem Schulhof durch einen gezielten Schlag ein blaues Auge. Ist das Körperverletzung?“, fragt er. Fast alle Anwesenden melden sich. „Und wie sieht’s mit einer Backpfeife, Kneifen in den Arm oder Schubsen aus?“, will er weiter wissen. Die Anzahl der Meldungen sinkt. „Körperverletzung ist, wenn’s weh tut“, erklärt der Richter.
Weiter geht’s mit Tiktok, Insta und Co. „Hass und Beleidigungen sind keine Meinung“, betont Heiko Kriewald. Ist es strafbar, ein rassistisches Video zu liken oder zu teilen? Oder Fotos im Klassenraum zu machen und weiterzuleiten? Und was sollte man tun, wenn jemand pornografische Fotos oder Videos in die Klassengruppe postet? „Vorsichtig sein und Denken statt Senden“, rät Richter Kriewald. Zum Abschluss der eineinhalbstündigen Infoveranstaltung gibt er den Jugendlichen noch eine Empfehlung mit auf den Weg: „Bevor ihr etwas über jemanden postet oder versendet, stellt euch immer erst die Frage, wie ihr euch fühlen würdet, wenn es dabei um euch selbst gehen würde“.
Unterhaltsam, dynamisch und voller anschaulicher Beispiele aus der Lebenswelt von Teenagern und jungen Erwachsenen, wird diese Infoveranstaltung bei vielen sicherlich nachhaltig in Erinnerung bleiben. Herzlichen Dank, Herr Kriewald!
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